Mutter hatte Recht...

Auszug aus dem Ausstellungskatalog: Janusz Grünspek Mutter hatte Recht... 


Der Künstler Janusz Grünspek erschafft Welten. Die Welt Mutter hatte Recht… beginnt mit der Kirmes, die einmal im Jahr in die Stadt kommt. Nicht nur ein Ort verwandelt sich dadurch, sondern ebenso die Menschen. Wie jedes Jahr verbreitet sich Aufregung: eine widersprüchliche Mischung aus Freude und Angst. Die Form der Kirmes, oder für den in Polen aufgewachsenen Grünspek vielmehr die des „odpust”, des Jahresfestes seiner Kindheit, wird in Mutter hatte Recht… vom Künstler bewusst aufgegriffen.

Die Kirmes ist aber nur zum Teil Ort des Geschehens, da die aufgebaute Welt von Mutter hatte Recht… über sie hinauswächst. Die mehrteilige Arbeit ist einer einzigen Zeichnung entsprungen, die Grünspek vor ungefähr zehn Jahren angefertigt hat.

Die Tintenskizze zeigt ein Karussell mit alltäglichen Stühlen anstelle der üblichen Autos oder den traditonellen bunten, hölzernen Pferden. Vom plumpen, Leder gepolsterten Chefsessel bis hin zum eher ungemütlich steifen Holzstuhl, dienten vier wie im Comic gezeichnete Stuhlarten als Vorlage für die spätere Verwirklichung in Holz.

Das zentrale Karussell bei Mutter hatte Recht… ist mit sechs verschiedenen Stühlen versehen, darunter noch Sofasessel und Hocker, Bürosessel und Schreibtischstuhl. Jede Sitzgelegenheit ist fein gearbeitet aus allerlei Holzarten. Wie das Kind auf der Kirmes identifiziert man sich mit seiner Wahl am Karussell. So wie das Kind auf dem Karussellpferd zum Cowboy wird, schlüpft man als Erwachsener in die Rolle, die der Stuhl anzubieten hat. Das Angebot ist dabei nicht groß, aber entscheidend. [...]

(Herausgegeben vom Kunstverein Gelderland, 2006 Text: Lynette Roth)

Fotos der ersten Ausstellung (Kleve, Strassenbahndepot), 2004.